Intelligent und digital: Online-Shopping in der Innenstadt
Immer mehr Geschäfte in Deutschlands Innenstädten schließen. Hauptverursacher ist die Abwanderung von Kunden in den Online-Handel, der mit Rund-um-die-Uhr-Service und unkomplizierter Warenrückgabe lockt. Häufig gelingt es nur großen Warenhausketten, in den Online-Handel einzusteigen. Kleine, inhabergeführte Läden haben von den Vorteilen der Digitalisierung bisher kaum profitiert. Die Lösung für den Mittelstand: Clevere Digitalisierungsstrategien und interaktive Einkaufserlebnisse.
Prof. Dr. Daniel Beverungen von der Universität Paderborn arbeitet mit seinem Team an einem Projekt, das erfolgreiche Strategien des Online-Handels auf den Handel in Innenstädten überträgt. Der Clou: Mithilfe einer App gehen aktuelle Angebote lokaler Händler direkt auf den Smartphones der Kunden ein. So entsteht ein digitaler Marktplatz, bei dem die Einzelhändler kombinierte Aktionen anbieten und letztlich wieder konkurrenzfähiger werden können. In der Paderborner Innenstadt ist dazu am 1. November eine groß angelegte Feldstudie in enger Zusammenarbeit mit dem Citymanagement Paderborn gestartet. Außerdem gibt es mit Aachen, Duisburg und Münster drei weitere Modellstädte, in denen Teile des Konzepts erprobt werden. „SmartMarketSquare“, so der Name des Forschungsprojekts, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über eine Dauer von drei Jahren mit rund zwei Millionen Euro gefördert.
„Mobile Endgeräte werden immer häufiger als Informationsquellen, Unterhaltungsmedien oder eben zum Einkaufen genutzt. Genau auf diesem Trend beruht unser Konzept, das den Handel in unserer Innenstadt weiter beleben soll: Mithilfe einer mobilen Applikation können Unternehmen ihre Kunden gezielt auf digitalem Wege ansprechen. Und zwar so, wie sie es aus ihrem Alltag gewöhnt sind – schnell und unkompliziert via Smartphone“, erklärt Beverungen. „Die Händler ermöglichen ihren Kunden so ein interaktives, digitales Einkaufserlebnis, das Vorteile des stationären Handels und des Online-Handels kombiniert.“ So können datenbasierte Empfehlungen, wie sie Onlineshops anbieten, auch in der Innenstadt gegeben und Kunden dadurch auf für sie passende Angebote hingewiesen werden. Nähert sich der Kunde einem Geschäft, so erhält er passende Vorschläge direkt auf sein Mobilgerät. Mit einem Klick kann er dann Rezensionen anderer Kunden, Produktinformationen und Informationen zu dem Händler einsehen. Auch Unternehmen können passend zu den Interessen und Laufwegen der Kunden vorgeschlagen werden. Durch den händlerübergreifenden Charakter der Plattform können die Unternehmen sehen, welche Geschäfte häufig zusammen aufgesucht werden und dadurch z.B. Cross-Selling Angebote initiieren.
Stärkung des inhabergeführten Einzelhandels
Möglich wird das, weil im Rahmen der Feldstudie in über 40 Läden der Domstadt Bluetooth-Sender installiert wurden. „Allein in Paderborn haben wir ca. 150 sogenannte Beacons installiert – so nennen sich die Sender.“ Smartphones erkennen die Signale der Beacons und stellen fest, wo sich der Kunde befindet. So werden Angebote in der Nähe des Standorts automatisch auf dem Smartphone angezeigt.
Zusätzlich bekommen die Händler Analysetools an die Hand. So können sie zum Beispiel auswerten, wie viele Kunden ihre Läden besuchen und für welche Produkte sie sich interessieren. Letztendlich sollen diese Daten strategische Anpassungen in den Läden bewirken. „Durch die Analyse können typische Kundenlaufwege in der Paderborner Innenstadt erkannt werden“, erklärt der Wirtschaftsinformatiker. Inhabergeführte Geschäfte haben somit mehr Informationen über ihre Kunden und können mehr Umsatz generieren.
„Im Rahmen unserer Feldstudie konnten wir bereits feststellen, dass die Anwender das digitale Einkaufen in der Innenstadt spannend finden – und der Handel so neue Kunden gewinnt, die sonst nicht in die Geschäfte gekommen wären. Langfristig trägt das Konzept somit zur Stärkung der Innenstadt und des inhabergeführten Einzelhandels bei, indem diese das Potenzial digitaler Technologien für sich einsetzen“, so Beverungen.
Nina Reckendorf, Stabsstelle Presse und Kommunikation, Universität Paderborn